Satte Rabatte, Schnäppchen, Sonderangebote – in diesen Tagen schwirrt uns der Kopf und der Mail-Ordner quillt über. „Black Friday“ lautet das Zauberwort und den Sparfüchsen unter uns kribbelt es in den Fingern. Wirklich? Wer hat’s eigentlich erfunden und will uns zum Kaufen, Kaufen, Kaufen animieren?
Dass Shoppingwahn und Nachhaltigkeit sich eigentlich ausschließen, sollte mittlerweile klar sein. Um Euch aber so richtig den „Black Friday”-Spaß zu vermiesen, haben wir hier aufgelistet, wie hübsch der Konsument an der Nase herumgeführt wird … und ob es Alternativen gibt.
Wer hat’s erfunden?
Der Black Friday folgt grundsätzlich auf den vierten Donnerstag im November, an dem in den USA Thanksgiving gefeiert wird. Eine der wenigen Gelegenheiten, wo die komplette Familie zusammenkommt, um traditionell Truthahn, Süßkartoffeln und Maisbrot zu vertilgen. Der anschließende Brückentag wird dann nicht nur zur Verdauung genutzt, sondern auch zum Shoppen.
Erstmals die Idee zum Black Friday hatten im Jahr 1961 ein paar pfiffige Einzelhändler aus Philadelphia, die sich von ihren Rabattaktionen und Sonderangeboten mehr Kundenfrequenz erhofften und ganz nebenbei ein paar Ladenhüter loswerden wollten. Der Plan ging auf, die Idee verbreitete sich ruckzuck im ganzen Land und das Weihnachtsgeschäft wurde außerdem ordentlich angekurbelt.
Und warum „Black“? Angeblich weil an diesem Tag selbst Händler, die sonst nur rote Zahlen schreiben, beim abendlichen Kassensturz schwarze Finger vom vielen Geld zählen bekommen.
Die amerikanische Erfindung ist dann im Jahr 2006 – übrigens auf Initiative des Technologiekonzerns Apple – zu uns nach Deutschland geschwappt. Dass Apple zu den ganz besonders einfallsreichen US-Unternehmen gehört, wenn’s um lukratives Business geht, wissen wir spätestens seit der Veröffentlichung der Paradise Papers.
Interessant: Während sich in den USA am Black Friday bereits Stunden vor Ladenöffnung dutzende Schnäppchenjäger vor den Eingangstüren in die Schlange hocken, locken hierzulange vor allem via Internet heiße Angebote; gern auch unter dem Stichwort Cyber Monday. Beliebt ist mittlerweile auch die Ausweitung auf eine gesamte Cyber Monday Woche. Dann glüht die Kreditkarte garantiert bis zum Anschlag und wir haben uns am Ende viele überflüssige Dinge gekauft, um Leute zu beeindrucken, die wir sowieso nicht leiden können.
„Buy less, choose well, make it last”
Bevor wir womöglich trotz allem dem Kaufrausch verfallen, denn – zugegeben – X-mas steht vor der Tür und auch bewusst einkaufende Konsumenten achten auf ihre Ausgaben, sollten wir uns in Erinnerung rufen, was die Londoner Modedesignerin Vivienne Westwood zum Thema Kapitalismus und Konsum zu sagen hat. Nämlich: „Buy less, choose well, make it last.“
Im Klartext: Wirklich nur kaufen, was ernsthaft benötigt oder gewünscht wird und nicht womöglich nach einer Saison wieder ausgemistet wird.
Also Spontankäufe vermeiden und sich stets fragen, wie der mega-günstige Preis wohl zustande gekommen ist: Kinderarbeit, Produktion in Billiglohnländern, Vermeidung von teuren Sicherheitsmaßnahmen wie Brandschutz, dafür aber der Griff zu besonders billigen Rohstoffen?
Auf Kosten von Mensch und Natur shoppen zu gehen, geht gar nicht – und wir wollen uns doch am Ende mit der neuen Jacke oder Hose gern und guten Gewissens im Spiegel betrachten.
Vorsicht vor Ober-Organisatoren
Noch nicht genug? Mode, Schmuck, Kosmetik – wer sich im World Wide Web auf die Suche nach dem ultimativen Super-Schnäppchen macht, stößt unweigerlich auf sogenannte Black Friday-Seiten, die sich gern als Initiator oder Organisator des Ganzen bezeichnen. Das ist natürlich Quatsch, denn hier werden lediglich die Angebote verschiedener Händler aufgelistet, bei deren Kauf die Black Friday-Seiten mitverdienen, da der Kunde von hier aus zum eigentlichen Verkauf weitergeleitet worden ist.
Von den sagenhaften 1,1 Milliarden Euro, die wir laut Handelsverband HDE allein im vergangenen Jahr am Black Friday Wochenende ausgegeben haben, dürfte dann ein netter Betrag an diese sogenannten Affiliate-Partner gegangen sein. Also nicht irritieren lassen, sondern lieber selber gemütlich im Netz surfen und das passende Produkt direkt beim eigentlichen Händler bestellen.
Oder richtig crazy: Ganz „oldschool” beim örtlichen Einzelhändler höchstpersönlich nachschauen. Offline in persönlich kuratierten Stores kauft es sich ziemlich nett, man ist in Bewegung und lernt am Ende noch nette Menschen kennen, die gute Tipps parat haben, wenn’s um das ultimativ beste Geschenk für die Schwiegermutter oder den pubertierenden Sohn geht.
Die große Countdown-Lüge
Nicht selten liest man fett markiert im Shopping-Portal, dass bestimmte Angebote nur an diesem einen Tag gelten. Noch gemeiner ist eine Art Countdown-Anzeige, auf der zu sehen ist, wie rasant ein bestimmter Artikel gerade über die virtuelle Ladentheke wandert und bald womöglich total vergriffen ist. Das erinnert nicht zufällig an Billigverkaufssender im TV, deren Wundercremes und Wärmedecken scheinbar weggekauft werden wie warme Semmel.
Jetzt bloß nicht irre machen lassen, denn in der Regel werden Zeitraum und Angebot wie durch ein Wunder letztlich ausgeweitet. Dann ist das teure Parfum überraschenderweise wieder nachgeliefert worden oder wegen angeblich riesiger Nachfrage, auch morgen und übermorgen zum sagenhaften Schnäppchenpreis zu haben. Davon am besten direkt die Finger lassen. Wer mit so viel Aggressivität seine Ware losschlagen will, hat’s offensichtlich nötig.
Vorsicht bei „Cross Boarder Shopping“
Yippieh, der teure Koffer, Kopfhörer oder Kinderwagen, den wir schon lange haben wollten, ist im Ausland viel günstiger? Jetzt bloß nicht reinfallen, denn hier wird gern getrickst. Die tollen Rabattangaben täuschen geschickt darüber hinweg, dass rein zufällig extrem hohe Zollgebühren oder ein extrahohes Porto anfallen. Dann hätte man am Ende genauso gut beim Einzelhändler um die Ecke einkaufen gehen können.
Abgesehen davon, dass unser ökologischer Fußabdruck immer größer wird, wenn irgendein Artikel um den halben Erdball versandt wird, um in unserem Briefkasten zu landen. Lokal statt global sollte also auch beim Thema Versand immer eine Rolle spielen.
Falls es sich partout nicht vermeiden lässt, informiert übrigens der Zoll ausführlich darüber, für welchen Artikel aus welchem Land mit wieviel Gebühren zu rechnen ist.
Wenn Ihr mehr über Euren Ecological Footprint herausfinden wollt, macht doch einfach einen Test:
Mega-Rabatte unter die Lupe nehmen
Wow, 90 Prozent Rabatt auf die Kiste Champagner? Jetzt heißt es, genau hinschauen. Wie das Verbraucherportal mydealz.de festgestellt hat, bezieht sich der unglaubliche Preisnachlass meist auf die „Unverbindliche Preisempfehlung“, die zufällig genau daneben gedruckt aber auffällig Rot durchgestrichen wurde.
Alles klar? „Unverbindlich“ heißt im Klartext natürlich „ausgedachter Phantasie-Preis ohne jede Gewähr“ und Bezug zur Realität. Gern will man auf diese Weise zum Beispiel Alt-oder Mangelware loswerden, die sich als Ladenhüter erwiesen hat und offensichtlich so unfassbar überteuert angeboten wurde, dass man sie jetzt mit irrem Preisnachlass schnell unter die Leute bringen will.
Grundsätzlich und glaubhaft sind im Schnitt 40 Prozent Rabatt – und auch da sollte man sich stets fragen, wie es sein kann, dass der Hersteller offensichtlich immer noch einen Gewinn absahnt. Wollte sich da jemand an einer fetten Marge ein güldenes Näschen verdienen und hat jetzt auf Bronze runtergeschraubt?
Nicht vergessen: Die „Guten“ stellen im besten Fall Produkte her, die sie wirklich lieben und nicht um sich zu bereichern. Mensch und Natur sollen nicht draufzahlen und der eigene Gewinn ist bei diesen Marken meist knapp kalkuliert. Daher schließen sich hier auch klassischer Sommer- und Winterschlussverkauf aus, der lediglich die Lager für die massenhafte Neuware freimachen soll.
Ab und zu eine kleine Sales-Aktion muss natürlich erlaubt sein, wenn ein Artikel partout nicht verkauft wird.
Alternative „Death Cleaning”
Immer mal wieder Ausmisten und Entrümpeln! Aus Schweden kommt die nicht ganz neue aber konsequente Döstädning-Philosophie, die uns auffordert, nicht jede Kleinigkeit – egal ob Klamotten, Kochtöpfe oder andere Kinkerlitzchen – zu horten. Man muss kein Messie sein, um festzustellen, dass man sich von diesem und jenem schwer trennen kann. Aber sich damit auseinandersetzen, was man ernsthaft braucht, kann nicht schaden, bevor die Kreditkarte zu glühen anfängt oder man in all’ dem Kram zu versinken droht.
Makabrer aber wirkungsvoller Gedanke: Stellt Euch einfach vor, Ihr seid nicht mehr da und Eure Hinterbliebenen müssen sich durch Euer ganzes Hab und Gut arbeiten und aussortieren. Befreit Euch am besten schon zu Lebzeiten – vorzugsweise einmal im Jahr – von dem ganzen Ballast, den Ihr so angehäuft habt. Denn tatsächlich lebt es sich besser und flexibler mit leichtem Gepäck.
„Es ist eine Erleichterung, Dinge loszuwerden, die man nicht braucht”, findet Margareta Magnusson, die nach eigenen Angaben zwischen 80 und 100 Jahre alt ist und das Buch The Gentle Art of Swedish Death Cleaning geschrieben hat. „Egal, wie alt Du bist, es hilft Dir, Dein Leben zu entrümpeln und Bilanz zu ziehen, was wirklich wichtig ist.“
Fotos: Kaboompics // Karolina from Pexels